SCHIENE regional - Bahnthemen SüdwestElektrische Traktion auf der Schwarzwaldbahn (Teil 1)
Teil 1: 139 wird Schwarzwaldbahnlok |
Teil 2: Die "Trabis" kommen! |
Teil 3: BR 111 und der Interregio
Unter "Schwarzwaldbahn" verstand man ursprünglich die Strecke Offenburg - Hausach - Triberg - Villingen - Singen. Im Kursbuch wird die Tabelle KBS 720 (Offenburg - Konstanz) mit "Schwarzwaldbahn" überschrieben. Die (Wieder-) Aufnahme des durchgehenden Regionalverkehrs zwischen Karlsruhe und Konstanz erfolgte im Juni 2001. Nach der Ausschreibung im Jahr 2004 und der Vergabe der Verkehrsleistungen ab Dezember 2006 an die DB Schwarzwaldbahn GmbH wird der Name "Schwarzwaldbahn" für die 252 km lange Gesamtstrecke Karlsruhe - Konstanz verwendet.
Dampf, Diesel, Elektro - Fortschritt mit RückschlägenSchon mehrfach in der Geschichte der Schwarzwaldbahn gab es Phasen erheblicher Veränderungen bei der Traktion von Personen- und Güterzügen. Neunzig Jahre lang herrschte die Dampftraktion unangefochten auf der anspruchsvollen Gebirgsstrecke. Mit der Eröffnung des Abschnitts Hausach - Villingen am 1. November 1873 wird die bereits als Außenstelle der "Betriebswerkstätte Constanz" bestehende "Locomotivstation" in Villingen (Schw) zur eigenständigen Betriebswerkstätte. Auch in diesem Fall wird das badische Konzept des Fahrens aus der Mitte der Gesamtstrecke heraus angewandt. Die wechselvolle Geschichte von Erfolg und Misserfolg der vielen in Villingen beheimateten Dampflokbaureihen ist nicht Thema dieses Beitrags. Den letzten rauchenden Einsatzbestand des BW Villingen bilden 14 Loks der Baureihen 39, 50, 75 und 92. Die Ablösungsphase der Dampfloks beginnt bereits im Jahr 1956 mit der Stationierung der legendären V 200 im BW Villingen und dauerte acht Jahre. Aber erst in einem zweiten Anlauf hat es die Großdieselloks der Baureihe V 2000 im Jahr 1964 geschafft, die Dampftraktion von der Schwarzwaldbahn zu verdrängen. Neben der V 200 besteht die damals rote Flotte der Dieselloks aus Vertretern der Baureihen V 100, V 60 und natürlich dem allgegenwärtigen Schienenbus VT 98. Die Schwarzwaldbahn wird damit zur ersten "vollverdieselten" Strecke im Direktionsbezirk Karlsruhe. Sie und ihre ebenfalls in Villingen stationierten Schwestern der BR V 2001 werden wiederum mit der Aufnahme des elektrischen Betriebs zwischen Offenburg und Villingen (28.09.1975) und Villingen - Konstanz (25.09.1977) entbehrlich. Mit Verbrennungsmotoren fahren, abgesehen von Dienstfahrzeugen und den mit V 60, V 90 und V 100 bespannten Übergaben und Güterzügen, nur noch einige Schienenbusse bis 22.05.1994 auf der Schwarzwaldbahn. Eine besondere Ausnahme stellten die im Turnusverkehr in den Achtzigerjahren eingesetzten VT 115 dar.
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Der Aufwand für die Elektrifizierung der tunnelreichen Steigungstrecke zwischen Hausach und Sommerau ist erheblichen. Nur einer der 37 Tunnel verfügte bereits über einen ausreichenden Querschnitt für Fahrleitung und Stromabnehmer (Rebbergtunnel vor Hornberg). In 36 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 9.457 m muss hingegen die Tunnelsohle um 50 bis 60 cm abgesenkt werden, wozu allein 75.000 m2 Fels herauszubrechen sind. Der Kleine Triberger-Tunnel (92 m) erfährt wegen der nahegelegenen Überquerung der Bundesstraße, die nicht weiter abgesenkt werden konnte, eine Ausweitung des Gewölbes. Eine ausführliche Beschreibung der Elektrifizierung der Schwarzwaldbahn finden Sie hier ... Annähernd 20 Jahre d i e Schwarzwaldbahn-E-Lok: BR 139Trotz des hohen Aufwands beginnt der elektrische Betrieb auf der Schwarzwaldbahn zunächst mit einer Enttäuschung. Ein wesentlicher Grund für die Entscheidung zu Gunsten der elektrischen Traktion war die Verkürzung der Reisezeiten. Besonders für die durchgehenden Reisezüge aus den Räumen Rhein/Ruhr und Hamburg waren die Loks der Baureihe 110 vorgesehen. Bei Lastprobefahrten stellt das Bundesbahn-Zentralamt München allerdings fest, dass es bei Bergfahrten mit dem vorgesehenen Betriebsprogramm zu thermischen Überlastungen kommt. Durch die Nichtzulassung muss nun in Offenburg weiterhin umgespannt werden. Die vorgesehenen Traktionsaufgaben übernimmt die Baureihe 139. Sie ist eine technischen "Mischung aus 110 und 140", bringt es aber als Güterzuglok mit zusätzlicher Widerstandsbremse nur eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h. Mit dieser Lok kann die geplante Reisezeitverkürzung nicht erreicht werden. Trotzdem führen Loks dieser Baureihe nicht nur die feierlichen Eröffnungszüge beider Elektri- fizierungsabschnitte (139 137-4 am 28.08.1975 und 139 314-9 am 20.09.1977), sie bewähren sich auch bestens im Personen- und Güterverkehr und bleib bis zum Beginn der Neunzigerjahre wichtiges Standbein der Zugförderung auf der Schwarzwaldbahn. Alle 31 Loks dieser Baureihe sind in den Anfangsjahren des elektrischen Betriebs auf der Schwarzwaldbahn beim BW Offenburg beheimatet.
Am 24.11.2001 hat sich 139 553-2 nach langer Abwesenheit wieder einmal auf die Schwarzwaldbahn "verirrt" und führt RE 18 748 von Konstanz nach Offenburg. Diese Lok war 06.08.1975 von Bebra zum BW Offenburg gekommen, kurz vor Eröffnung des ersten elektrifizierten Streckenabschnitts der Schwarzwaldbahn zwischen Offenburg und Villingen. Auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig hat sich viel Prominenz zur Einweihung des neuen Haltepunkts Offenburg Kreisschulzentrum versammelt (von rechts: SWEG Vorstand Joh. Müller, Offenburgs Oberbürgermeister Wolfgang Bruder, Landrat Klaus Brodbeck, der Autor dieser Seiten - nicht zur Prominenz gehörend -, Verkehrsminister Stefan Mappus, MdB Volker Schebesta). Foto mit freundlicher Genehmigung: Iris Rothe Die BR 139 leistet ihren Dienst auf der Schwarzwaldbahn äußerst zuverlässig und unauffällig. Während sich die V 200 als Aushängeschild des Wirtschaftswunders großen Bekanntheits- grades erfreut, auf Plakatwerbungen die Neuzeit verkörpert und bis in die Kinderzimmer der Familien als Modell präsent ist, bleibt der 139 das verwechselbare Gesicht der Einheitsloks. Nur die Bügelfalten-110er der Untergruppe 12 schafft es in TEE-Farben auf die Titelseiten von Hochglanzprospekten. Lange Jahre fährt die 139 in ihrer grünen "Tarnfarbe" durch den Schwarzwald, gewürdigt wird ihre Leistung nur von Insidern. Und auch bei den großen Zügen mit klangvollen Namen, wie dem FD Bodensee in den Achzigerjahren, läuft vorn die 110, unauffällig (aber unverzichtbar) nachgeschoben von der 139. ![]()
Wer mehr über die sehr interessante Geschichte der Baureihe 139 wissen möchte, findet eine ausführliche Darstellung unter www.elektrolok.de. Doch noch eine Chance für die 110Bereits mit dem Sommerfahrplan 1978 erobert sich die Baureihe 110 doch noch Leistungen auf der Schwarzwaldbahn, allerdings unter der Maßgabe, dass Züge mit einer Zuglast ab 250 t zwischen Hausach und Sommerau von der BR 139 nachgeschoben werden müssen. Die Reisezeitgewinne liegen bei bis zu 16 min. Als Vergleichsübersicht sollen hier die maximalen Zuglasten der Loks der ersten 10 Jahre elektrischer Traktion für die Anfahrt von Zügen (Anfahrgrenzlast) in den einzelnen Abschnitten der Schwarzwaldbahn dargestellt werden.
Nach Versuchsfahrten im Herbst 1981 kann die Anfahrgrenzlast für die BR 110 im Bereich der Steigungsstrecke auf 350 t, zu Beginn des Sommerfahrplans 1983 sogar auf 380 t angehoben werden. Das Nachschieben ist dadurch nur noch bei einem Zug (FD 703 / FD 1903 Fernexpress "Bodensee" Münster (Westf) - Konstanz) erforderlich. Im Eil- und Güterzugverkehr behalten die Loks der BR 139 weitgehend ihre Aufgaben. Vor schweren Ölzügen bewähren sich zusätzlich die sechsachsige BR 150, die der Schwarzwaldbahn bis zu ihrem Abschied von der Schiene im Jahr 2003 treu bleibt. Mehr über den Einsatz der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn erfahren Sie in Teil 4. Die Baureihe 141 bleibt unten im TalBis zum Ende der neunziger Jahre kommt auch die kleinste Schwester der DB-Einheitslok aus der Aufbauzeit nach dem Krieg auf die Gleise der Schwarzwaldbahn. Der "Knallfrosch", wie die BR 141 wegen ihrer lauten Knackgeräusche aus dem Fahrstufen-Schaltwerk genannt wird, bespannt überwiegend Nahverkehrszüge bzw. Regionalbahnen zwischen Offenburg und Hausach. Zeitweilig stellt sie auch Direktverbindungen her, die aus dem Kursbuch wegen der neuen Zugnummer ab Offenburg nicht erkennbar sind. So wird u.a. der E 3605 (auch wegen der vielen Eisenbahner "Direktionszug" genannt) von Karlsruhe kommend über Offenburg nach Hausach verlängert. Mittags wird bis 1990 ein Schülerzug aus vier yl-Wagen nach Hausach und zurück nach Offenburg gefahren (- das war noch Luxus pur im Nahverkehr!). Und abends übernimmt die 141 von einer Diesellok (213, manchmal 215) in Hausach einen einzelnen Silberling aus Freudenstadt, dessen hintere Platzgruppe verschlossen und mit einem Aufkleber "Postabteil" versehen ist.
Diese Leistung wurde einige Wochen zuvor, bis 22.05.1994, noch von VT 98 gefahren.
Später entfällt der ABn am Zugende und wird durch einen Steuerwagen ersetzt.
Auch zwischen Konstanz und Engen macht sich die 141 vor Nahverkehrszügen nützlich. Aber diese Dienste sind inzwischen längst an den Seehas abgegeben worden, der seit 2005 mit neuen Flirt-Triebwagen die Kunden binden soll. |
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