SCHIENE regional - Bahnthemen SüdwestElektrische Traktion auf der Schwarzwaldbahn (Teil 5)
Teil 1: 139 wird Schwarzwaldbahnlok |
Teil 2: Die "Trabis" kommen! |
Teil 3: BR 111 und der Interregio
Regionalzüge der letzten Einsatzjahre der BR 110 (1)Die Einsätze der Baureihe 110.4 ab 10. Juni 2001 vor der neuen Zuggattung IRE geraten nicht zur allseitigen Freude. Das liegt aber nicht an der Lok, die zunehmend der BR 143 Leistungen abnimmt, sondern an der verärgerten Kundschaft. Der IR ist weg und der "InterRegio Ersatz" IRE wird, teilweise berechtigt, zum Prügelknaben der Bahnfahrer. Besonders gravierend wirken sich die Kapazitätsengpässe aus. Es fehlen Wagen und das vorhandene Material ist in einem schlechten Zustand und äußerlich der uneinheitlich. Andererseits kann die 110 auf den "Schnellfahrabschnitten" (v > 120 km/h) gegenüber der 143er punkten.
Ab Sommer 2002 sind die oben beschriebenen Mängel überwiegend beseitigt. Es kann nicht nur die einheitliche Farbgebung der Ausrüstungen erreicht werden, sondern auch die Modernisierung der Innenräume ist weitgehend abgeschlossen.
Die Überarbeitung ("Redesign") der alten Silberlinge, zwischendurch als Mintgrünlinge unterwegs, sorgt für ein einheitliches Auftreten der fünf-Wagen-Garnituren.
Anfangs werden die Steuerwagen der Wendezüge bergseitig, also Richtung Konstanz zeigend, eingereiht. Allerdings fordert der schöne Herbst im Schwarzwald immer wieder seinen Tribut: Laub auf den Schienenköpfen, Nieselregen oder Nebel - gefühlvoller Umgang mit dem Fahrstufenschalter ist angesagt. Der "alte Hase" auf der Lok beherrscht das Spiel der Kräfte und Drehmomente. Aber vom entfernten Steuerwagen aus, noch dazu ohne Schleuderanzeige, geht manche Achse kurzzeitig durch oder blockiert beim Bremsvorgang. Bereits Ende Oktober 2002 bereitet der Herbst erhebliche Probleme. Durch einen Auf- arbeitungsstau sind derartig viele 143er mit Flachstellen ausgefallen, dass nach annähernd 30 Jahren wieder regelmäßig Dieselloks vor den Regionalzügen auf der Mittelgebirgsstrecke zu sehen sind. Haltinger 218er sorgen für eine "Re-Verdieselung" der Schwarzwaldbahn.
Die Flachstellenproblematik zwingt, wie gesagt, auch im Herbst 2003 wieder eine Lok nach der anderen zum Besuch der Unterflurdrehbank in Plochingen. Als Abhilfe wird in Karlsruhe und Konstanz wieder umgesetzt. Wegen der knappen Wendezeit muss dazu ein zusätzliches Triebfahrzeug in den Umlauf genommen werden. In Konstanz tritt ein weiteres Problem auf: wo sind eigentlich all die Rangierer geblieben? Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2003 stehen die Wendezüge plötzlich herumgedreht, man kann wieder mit Steuerwagen voraus fahren - nun allerdings "talwärts" (Richtung Karlsruhe).
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![]() Foto oben: Ein schmucker BDms als Konstanzer "Leitungswagen". Foto rechts: In der Abendsonne kommt 110 466 im Farbschema ozeanblau-beige in den Bahnhof Gengenbach gefahren. Die rechts abgebildete 110 466 ist die letzte der Freiburger 110er, die im Oktober 2003 im Rahmen einer IS 030 in Dessau einen verkehrsroten Lack erhält. Neben diesen äußeren Ver- änderungen an den Zügen wird auch die Pünktlichkeit ganz wesentlich verbessert. Die Ausschreibung der Verkehrsleistung auf der erweiterten Schwarzwaldbahn (Januar 2003) ist ein deutlicher Ansporn für erkennbare Anstrengungen, die auch von den fahrenden Kunden anerkannt werden. Es zeigt sich, dass mit 40 Jahre alten Lokomotiven und Wagen, sieht man vom Umbau der Steuerwagen ab, ein anspruchsvolles Programm gefahren werden kann. Die Loks der Baureihe 110 bringen es im anstrengenden Schwarzwaldbahn-Plan auf deutlich über 1.000 km pro Tag, die Tageshöchsleistung erreicht sogar über 1.250 km. Selbstverständlich liegt die Schad- anfälligkeit höher als bei den neuen Maschinen, aber trotzdem gebührt der Technik und der Qualität der fünfziger Jahre ein hohes Maß an Respekt. Die Konstrukteure und Arbeiter der Aufbaujahre nach dem Krieg haben, trotz aller Einschränkungen durch die Zeitumstände, sehr "nachhaltig", wie man heute sagen würde, gearbeitet. Die BR 110 ist, verglichen mit der Enkel-Lokgeneration der BR 146, noch mit sehr vielen Verschleißteilen belastet, die in der neuen Traktion durch Elektronik und die sehr viel einfacher aufgebauten DASM-Antriebe ersetzt werden. Welche unermesslich große Zahl an Umdrehungen haben die Fahrmotoren WB 372-22 der Einheitsloks der Baureihen 110 (einschließlich 112/114), 139 und 140 erbracht - keiner redet davon und (fast) keiner kennt sie überhaupt. Die letzten Fahrten der Baureihe 110 für DB Regio in BadenLok 110 460 befuhr am Nikolaustag 2006 mit RE 4709 / 4718 als letzte ihrer Baureihe die Gesamtstrecke Karlsruhe - Konstanz und zurück (Fotos). Aber 110 468 sollte am frühen Morgen des 9. Dezembers die allerletzte Leistung einer 110 auf der Schwarzwaldbahn vor RE 4742 von Singen nach Offenburg fahren. Bereits einen Tag später sollte die Stationierung der BR 110 in Baden beendet werden. Aber die drei Lok 110 454, 466 und 471 blieben noch im Werk Freiburg, da notwendige Ausbesserungen am Fahrwerk durchgeführt werden mussten. 110 466 verließ Freiburg am 13.12., 110 454 am 21.12.2006 und 110 471 erst am 15.01.2007.
Es ist nicht zu verheimlichen: Der Autor dieser Zeilen ist mit den Einheits- oder Neubauloks der aussterbenden Generation eng verbunden. Die Jugendzeit ist geprägt vom Erlebnis Dampftraktion, von den ersten Fahrten hinter der V 200, nach dem Umzug in den Süden der Republik von den knurrenden 144ern und von der 110 im Rheintal. Das Studium der Schienenfahrzeugtechnik vertiefte Kenntnisse und Empfindungen gleichermaßen. Und so soll, dieser Ausrutscher ins Persönliche sei verziehen, das letzte Foto dieser Seite darauf hinweisen, dass in wenigen Jahren die mit 110 bespannten Züge mit ehemaligen Silberlingen ebenso nostalgisch empfunden werden, wie noch im Jahr 2006 die dampfgeführten Züge mit Vorkriegswagen. Auslaufmodelle verschiedener Generationen verschwinden ...
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