SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

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Ist der Stundentakt noch zu retten?

MdL Caroli (SPD): "Nicht die Schuldigen suchen, sondern Auswege"

Als Verlierer im Gerangel zwischen den Unternehmensbereichen der Deutschen Bahn AG sehen sich die Gemeinden an der Schwarzwaldbahn. Die Podiumsdiskussion zur "Verkehrsinfrastruktur im südlichen Ortenaukreis", zu der die SPD nach Hornberg eingeladen hatte, kreiste zwei Stunden lang um die Frage "Was kommt nach dem Interregio?" Walter Caroli als Abgeordneter des Wahlkreises und Helmut Göschel, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, vertraten die Haltung der Landes-SPD. Thomas Schwertel sprach nicht nur als Bürgermeister von Hornberg, sondern auch als stellvertretender Vorsitzender der Interessengemeinschaft Schwarzwaldbahn. Als Vertreter der Deutschen Bahn AG saß Udo Lauther auf dem Podium.

Caroli stellte die Wichtigkeit der Strukturpolitik für den ländlichen Raum in den Vordergrund. Die Entwicklungmöglichkeiten in der Raumschaft seien stark abhängig von der Verkehrsinfrastruktur. Der vorgesehene Wegfall der Interregio-Züge auf der Schwarzwaldbahn habe ökonomische Folgen durch Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Wirtschaft, aber auch ökologische Auswirkungen durch Abwanderung von der Schiene auf den besonders umweltbelastenden Straßenverkehr. Durch seine Mitarbeit im Arbeitskreis Umwelt und Verkehr am gleichnamigen Ministerium in Stuttgart wußte Caroli zu berichten, dass die Bereitschaft des Landes zur Bestellung von Ersatzleistungen vorhanden ist, wenn dafür zusätzliche Regionalisierungsmittel aus Berlin bereitgestellt werden. Die Aussage der Bahn, der Interregio diene auf der Schwarzwaldbahn überwiegend dem Nahverkehr, kann Caroli nicht nachvollziehen. Aber er wolle "nicht die Schuldigen finden, sondern Auswege".

Die DB Reise&Touristik, zuständig für das Fernverkehrsangebot der Bahn, hat nach dem gesetzlichen Auftrag durch die Eisenbahnneuordnung seit 1994 nur dann eine Möglichkeit zu bestehen, wenn sie durch ihr eigenwirtschaftliches Angebot auf dem Markt Gewinn erwirtschaftet. Marktuntersuchungen der letzten Jahre zeigen dabei eine deutliche Tendenz bezüglich des Produkts Interregio: Der Anteil an Nahverkehrsleistungen durch den IR ist seit der Bahnreform um 30% gestiegen. Bürgermeister Thomas Schwertel erinnert in seinem Diskussionsbeitrag an den im letzten Jahr errungenen Durchbruch bei den Verhandlungen mit der DB, denn seit dem 1. Oktober 1999 hat der Bahnkunde im Ortenaukreis die Möglichkeit mit dem TGO-Verbundticket den Interregio zwischen Hornberg und Offenburg ohne jede Zuzahlung zu benutzen. Dass damit die Ausdünnung des IR-Angebots folgerichtig nur beschleunigt wurde, ist den Verantwortlichen im Landkreis offensichtlich nicht bewußt gewesen.

IR und Kananone in Hornberg
Die Hornberger schießen nicht auf Spatzen, sondern auf die DB, die ihnen den Interregio wegnehmen möchte. Im Gegensatz zum "Hornberger Schiessen" kommen die Böller am 12.11.2000 beim Stopp des IR 2475 in Hornberg wahrscheinlich zu spät.

Für die Angebotsplanung der DB Regio Baden-Rheinpfalz ist Udo Lauther zuständig, der im Laufe der Diskussion eine schwierige Rolle zu spielen hatte. Schließlich antwortete er als Vertreter der Bahn, die in ihren einzelnen Unternehmensbereichen vor völlig unterschiedlichen Aufgabenstellungen steht. Für seine Fernverkehrskollegen bestätigte er, dass mit dem folgenden Fahrplanwechsel im Juni 2001 täglich nur noch vier der bisher sechzehn Interregios den Streckenabschnitt über Karlsruhe hinaus nach Konstanz befahren werden. Gleichzeitig widersprach er deutlich den Gerüchten, die Schwarzwaldbahn an sich sei gefährdet. "Die Infrastruktur bleibt erhalten" ließ Lauther keinen Zweifel. Über den Stand der intensiven Verhandlungen mit dem Land, das nach Lauthers und Carolis übereinstimmender Aussage in den letzten Jahren vorbildlich in den Nahverkehr besonders im ländlichen Raum investiert hat, wollte er sich nicht konkret äußern. Das Land als Aufgabenträger für den Nahverkehr hat sich den Stundentakt und den Integralen Taktfahrplan für ganz Baden-Württemberg zum Ziel gesetzt. Eine Aufstockung der Regionalisierungsmittel vom Bund sind dazu allerdings unerläßlich. DB Regio steht dabei als Anbieter von Verkehrsleistungen inzwischen in Konkurrenz mit privaten und auch ausländischen Unternehmen. Lauther hält allerdings die in der Öffentlichkeit genannten Billigangebote eines englisch-französischen Konsortiums für nicht ausreichend durchkalkuliert. "Halber Preis ist Utopie, wenn die Qualität des Angebots stimmen soll", antwortete Lauther auf Fragen aus dem Publikum.

Helmut Göschel versuchte die seit der Bahnstrukturreform schwer durchschaubaren Zusammenhänge im Schienenverkehr den etwa 40 Zuhörern zu erklären. Er erläuterte das seiner Meinung nach gut gelungene Regionalisierungsgesetz, das den Ländern eine Finanzausstattung für den Nahverkehr garantiert, kritisierte aber die weniger geglückte Aufteilung der ehemaligen Bundesbahn in die Geschäftsbereiche der Deutschen Bahn AG. Besonders der Unternehmensbereich Netz müsse aus dem Konzern ausgegliedert werden, um den Fahrweg mit der dazugehörigen Infrastruktur wieder in unmittelbare Verantwortung des Staates zu geben.

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