Streckenmeldungen 1998 (Archiv)
Glosse über den Tarifdschungel durch "Kleinstaaterei" der Verkehrsverbünde am Oberrhein KBS 702 Karlsruhe - Offenburg | Stadtverkehr Karlsruhe / KVV | Stadtverkehr Rastatt-Baden-B. / KVV | ex KBS 301 i Rastatt-Wintersdorf (-Frankreich) | KBS 702 Offenburg - Freiburg - Basel | KBS 719 Offenburg - Kehl - Strasbourg | KBS 720 Offenburg - Singen (Schwarzwaldbahn) | KBS 722 Biberach (Baden) - Oberharmersbach (Harmersbachtalbahn) | Tarifverbund Ortenau KBS 702 Karlsruhe - Offenburg (- Basel) / nördlicher Abschnitt Über den viergleisigen Ausbau der Oberrheinstrecke als Teil des europäischen Fernstreckennetzes ist hier schon mehrfach berichtet worden. Auf Hochtouren wird im nördlichen Abschnitt besonders bei der Umgestaltung des Bahnhofs Baden-Baden und der Neugestaltung des Bahnhofs Appenweier gearbeitet. Seit 26. April 1998 wird in Nord-Süd-Richtung ab Überholstelle Urloffen bis zur Einfahrt Offenburg auf Gleisen des zukünftigen Fernverkehrs gefahren. Nach einem erheblichen Umbau des Spurplans im Nordkopf des Offenburger Personenbahnhofs wurde der Süd-Nord-Verkehr Anfang Juni im gleichen Abschnitt auf die Neubaustrecke verschwenkt. Wie so oft, wenn große Umbaumaßnahmen "unter dem rollenden Rad" vorgenommen werden, sind für den Eisenbahnbetrieb und die Fahrgäste längerfristige Provisorien an den Baustellen in Kauf zu nehmen. Die endgültige Gleislage der neuen Fernverkehrsgleise ist bereits erkennbar, allerdings zwingt der Bahnsteig zwischen Gleis 3 und 4, der nur noch bis zur Einweihung des neuen Bahnhofs (leider nicht, wie geplant zum 30. Mai 1999) benötigt wird, derzeit noch zu einer Umfahrung in Schlangenlinie. Ein Provisorium besteht nun schon seit der Eröffnung des neuen Bahnhofs in Achern: die SE-Züge der DB halten an schmalen Holzbahnsteigen zwischen den Schallschutzwänden der Schnellfahrstrecke, während die schönen neuen Bahnsteige nur von der SWEG (Achertalbahn) genutzt werden. Ein Wunschtraum der Stadt Achern ging allerdings (teilweise) in Erfüllung: mit dem Fahrplanwechsel halten werktäglich fünf Interregios. Allerdings entfällt dafür der Halt in Rastatt. Im Bahnhof Baden-Baden wird es zunehmend enger. Seit der Verschwenkung der Nord-Süd-Gleise am 26./27. September im Rahmen der Umbauarbeiten zum viergleisigen Streckenausbau von Gleis 4 nach Gleis 3 ist der bisherige Bahnsteig 4/5 betrieblich abgehängt. Für mehrere hunderttausend Mark war dieser vor zwei Jahren durch Erhöhung ICE-tauglich gemacht worden. Nun wird er gänzlich abgetragen, um eine neue Gleislage für den durchfahrenden Fernverkehr zu ermöglichen. Überholungen zwischen Reisezügen sind nun nur noch über das Gegengleis möglich, was die Betriebsproblematik auf dem langen Aus-/Neubauabschnitt bis Offenburg weiter verschärft. Eine lustige Begebenheit am Rande: Während der Schulungsfahrten der OSB kurz vor dem Fahrplanwechsel im Mai hielt ein Triebzug aus drei Regio-Shuttles kurz vor dem planmäßigen ICE in Offenburg an. Unbemerkt stiegen mehrere Fahrgäste mit dem Reiseziel Hamburg in die letzte Einheit und landeten nach einer knappen Stunde in Bad Peterstal / Griesbach, der Endstation im Renchtal. Die Fahrt war kostenlos, die Strecke landschaftlich sehr reizvoll und nach der Rückfahrt klappte sogar noch der Anschluß auf den ICE nach Hamburg, allerdings zwei Stunden später als geplant...
Die Kaiserstraße in Karlsruhe, einst stark frequentierte Hauptverkehrsstraße durch die Innenstadt, entwickelte sich während der letzten 25 Jahre schrittweise zur Flaniermeile, in der ein motorisierter Individualverkehr nur noch querend vorkommt. Die Straßenbahnen und Stadtbahnen fahren allerdings in voller Länge durch die Einkaufsstraße, die scherzhaft auch als längster Bahnsteig Deutschlands bezeichnet wird. Doch gerade dort, wo sich die Stärke des weltweit beachteten "Karlsruher Modells" zeigt, sehen die Kritiker Probleme: wie in anderen Städten auch, sollte der ÖPNV auf einer Länge von 1,2 km in den Untergrund verschwinden, um die einkaufswilligen Fußgänger nicht zu stören. Durch Bürgerentscheid wurde die Stadtverwaltung allerdings zu einer Korrektur der aufwendigen Planungen veranlaßt. Eine Parallelführung durch die Kriegsstraße sollte nach Ablehnung der Tunnellösung eine Entlastung für die Kaiserstraße und den Stadthaushalt, sowie eine Erweiterung des innerstädtischen Einzugsgebiets durch einige Stadtbahnlinien bringen. Anstelle der veranschlagten 400 Millionen Mark für den Tunnel wäre die Parallelführung mit 150 Millionen realisierbar gewesen. Eine sinnvolle Strukturverbessung des Netzes und 250 Millionen sparen - das darf nicht sein. Zu teuer, sagte der Karlsruher Gemeinderat und winkte ab. Bei der Tunnellösung wären aufgrund der Landeszuschüsse nur etwa 30% der Bausumme an der Stadt "hängengeblieben", während die Kriegsstraßenlösung durch das negative Ergebnis der standardisierten Bewertung ohne Zuschüsse hätte realisiert werden müssen. - Manchmal sind eben 150 Millionen mehr als 400 Millionen. Hoffentlich liest das kein Steuerzahler.
ex KBS 301 i Rastatt - Wintersdorf (-Frankreich) Aus den Kursbüchern der DB ist sie schon seit Jahrzehnten verschwunden, selbst eine kurze, aber bedeutende Renaissance liegt schon dreißig Jahre zurück: Während des Neubaus der Eisenbahnbrücke zwischen Kehl und Strasbourg (KBS 719) in den Jahren 1967/68 wurde der Ost-West-Fernverkehr Wien - München - Paris mit berühmten Zügen, wie dem "Orient-Express" und "Mozart", auf der Wintersdorfer Strecke mit ihrer kombinierten Straßen/-Schienenbrücke über den Rhein nach Frankreich umgeleitet. Während auf den ersten Streckenkilometern im Bereich der Stadt Rastatt noch Industrieanschlüsse und ein französisches Militärdepot für geringes Güteraufkommen sorgten, standen auf dem grenznahen Streckenteil über Jahre lange Züge mit ausgemusterten Güterwagen. Die in jüngster Zeit auf die Strecke gebrachten Ganzzüge mit Fahrzeugteilen zwischen den Mercedes-Benz-Werken Sindelfingen und Rastatt, sowie die Autotransportzüge, mit denen die fabrikneuen Autos der Mercedes-A-Klasse abtransportiert werden, konnten die Aufmerksamkeit der Lokalpolitiker wieder auf die Strecke lenken. Die erhöhte Nachfrage im Güterverkehr ändert aber nichts am Bestreben der DB, sich fälliger Unterhaltungsmaßnahmen durch Stillegung der Strecke entziehen zu wollen. Die Rastatter Verkehrsgesellschaft VERA und die Albtal-Verkehrsgesellschaft AVG bekunden beiden Interesse, wobei die Strecke auf Teilbereichen gut in die Ausbaukonzepte der Karlsruher Stadtbahn passen würde. Die Führung der Stadtbahn ab Bahnhof Rastatt durch die Innenstadt ist derzeit vom Tisch, wobei sich die Wintersdorfer Strecke für eine innenstadtnahe Trassierung als kostengünstig Alternative anböte. In den Köpfen der Planer sind allerdings nicht die ehemals idyllischen Fischerorte am Rhein, die mit ihren Neubaugebieten einen erheblichen Pendleranteil nach Rastatt und Karlsruhe erschließen könnten, Zielorte der neuen S-Bahn-Linie, sondern der aufstrebende Regionalflughafen Baden-Airpark bei Söllingen.
KBS 702 (Karlsruhe -) Offenburg - Freiburg - Basel Ein ganz heißes Eisen in den Planungen des Abschnitts Offenburg - Freiburg ist die Südausfahrt Offenburg. Bereits vor Jahren wurde erbittert über die fünf vorgelegten Planungsvarianten gestritten. Baubürgermeister Horst Kiefert kann dabei die Gespräche mit der DB mit viel Hintergrundwissen führen, war er doch bis zu seinem Wechsel zur Stadt Offenburg an verantwortlicher Position bei der damaligen Bundesbahndirektion Karlsruhe mit der NBS/ABS beschäftigt. Für die Bahn sind alle Trassenvarianten mit aufwendigen Tunnelbauwerken aus finanziellen Gründen nicht mehr diskutabel. Nur die sog. A2-Variante mit Bündelung der vier Gleise mit geringen Abweichungen zur bestehenden Trasse wird weiter verfolgt. Sie führt allerdings in einem sehr engen Bogen durch dicht bebautes innerstädtisches Gebiet. Derzeit liegt beim Regierungspräsidium die Frage zur Entscheidung an, ob auf ein erneutes Raumordungsverfahren verzichtet werden kann. In diesem Fall könne sofort das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Auch in den weiteren Abschnitten bis Basel sollen bis 1999 alle baurechtlichen Verfahren eingeleitet worden sein. In Basel soll eine neue zweigleisige Brücke über den Rhein zwischen dem Badischen Bahnhof und dem Bahnhof der Schweizer Bundesbahn (Basel SBB) gebaut werden. Die bisherige Stahlkonstruktion aus dem Jahre 1874 wird damit allerdings nicht in den Ruhestand geschickt. Der Neubau dient als Erweiterung der mit 265 Zügen im Tagesdurchschnitt hoch belasteten Brücke. Mit dem fortschreitenden viergleisigen Ausbau der Strecke Karlsruhe - Basel werden Kapazitäten für eine erhebliche Steigerung des Güterverkehrsaufkommens bereitgestellt, die zusammen mit der geplanten Regio-S-Bahn die Rheinüberquerung im Zentrum von Basel zum Nadelöhr werden lassen. An der Finanzierung der erforderlichen 40 Millionen Sfr wird sich die Deutsche Bahn AG zu 1/3 beteiligen. Ohne unerwartete Störungen übernahm Mitte September das neue elektronische Stellwerk die Steuerung des Hauptbahnhofs von Freiburg i. Br. Damit wurde eine wesentliche Voraussetzung für die Aufnahme des Betriebs mit CIR-ELKE auf dem Streckenabschnitt Offenburg - Basel Bad Bf erfüllt - offensichtlich allerdings nicht die letzte... Wenige Minuten vor der Ankunft in Basel erkennt man den Eisenbahninteressierten unter den Mitreisenden sofort: Kurz vor dem Bahnhof Haltingen steht er am linken Fenster, damit die historischen Wagen der Eurovapor für den Einsatz im Kandertal nicht verpaßt werden, wenige Sekunden später wird vom Fenster in Fahrtrichtung rechts der Betriebshof gemustert. Einem Redakteur der Badischen Zeitung war dort der gelbe Hilfszugwagen aufgefallen, über dessen Einsatzzweck und Technik er dem Leser berichten wollte. Das Ergebnis seiner Bemühungen, veröffentlicht unter dem Titel "Wirrwar bei der Bahn" möchte ich hier stark gekürzt wiedergeben. "Der Hilfszug steht in Haltingen, weshalb es für den bahntechnischen Laien naheliegend scheint, beim dortigen Betriebswerk anzurufen. Ein Blick ins Telefonbuch unter dem Buchstaben B wie Bahn führt nicht zum Ziel. D wie Deutsche Bahn scheint erfolgversprechender. Fünfzehn Nummern stehen zur Wahl, das Bahnbetriebswerk ist nicht dabei. ... - eine Vielzahl von Namen und irgendwann nimmt irgendwo irgendjemand den Hörer ab. Sehr freundlich und hilfsbereit versucht der Mann am anderen Ende weiterzuhelfen, nicht ohne den vielsagenden Hinweis: 'Das ist jetzt alles anders!' Vier weitere Telefonnummern und zahlreiche Verbindungsversuche sind das Ergebnis der Bemühungen. Endlich hat man jemanden vom Betriebswerk Haltingen (heißt das eigentlich noch so?) am Hörer und schon kurz darauf den Chef. Auch dieser ist freundlich und bemüht, leider jedoch der falsche Ansprechpartner. Aber er weiß Bescheid und versucht kurz über die Zuständigkeit von Cargo, Nahverkehr und Netz aufzuklären, die allesamt etwas mit dem Hilfszug zu tun haben. Und dann doch der scheinbar entscheidende Hinweis: Zuständig sei ein Beamter in Freiburg. Ein Anruf unter der genannten Nummer führt jedoch in eine Sackgasse, denn dort ist der Herr unbekannt. Wer für den Hilfszug zuständig ist, wissen auch die Kollegen im Hintergrund nicht, raten indes dazu, es noch einmal in Haltingen zu versuchen. Ebenfalls in eine Sackgasse führt eine zweite Telefonnummer, die man in Haltingen parat hat, denn dort meldet sich trotz zahlreicher Versuche schlichtweg niemand. Ein hoher Beamter aus Basel nimmt die Sache nun selbst in die Hand. Ein beherzter Griff zum Telefon und schon werden wieder Verbindungen von Haltingen nach Freiburg hergestellt. Das Ergebnis ist der Name des Einsatzleiters, der an diesem Tag zuständig sein soll. Jedoch: 'Morgen ist das ein anderer'. Die Telefonnummer vom öffentlichen Netz kann man nicht mitteilen; da müsse man sich eben erkundigen..."
Tarifverbund Ortenau - TGO In einer unscheinbaren Pressemeldung verkündete der TGO *) im Dezember 1998 den Wegfall der Kinderermäßigung bei der Benutzung der sogenannten Umweltpunktekarte, einer übertragbaren Zonenstreifenkarte. In den Antworten auf die Proteste der Fahrgäste in den Leserbriefspalten der Badischen Zeitung offenbarte der Sprecher des Tarifverbunds sein gespaltenes Verhältnis zu einem bestimmten Kundenkreis, wird doch in der Stellungnahme an die Lokalzeitung vom "Mißbrauch" der Punktekarte im Schülerverkehr gesprochen, der zu Abrechnungsproblemen mit dem Land führen würde. Der Hintergrund des "Fahrscheinmißbrauchs" stellt sich recht einfach dar: Das Landratsamt hatte zum Beginn des Schuljahrs 1998/99 die Elternanteile für die Schülermonatskarten durch Änderung der "Satzung über die Erstattung notwendiger Schülerbeförderungskosten" für viele Familien drastisch erhöht, wodurch die Akzeptanz dieses Angebots deutlich verringert wurde. Die Eltern reagieren darauf durch den Kauf von Umweltpunktekarten und "alternative" Beförderungsmodelle. Ein Beispiel: für die Fahrt in die nahegelegene Kreisstadt, wo vier Kinder einer Familie die weiterführende Schule besuchen, waren für die 25 Schultage zwischen den Sommer- und Herbstferien DM 416 für den Kauf von TGO-Schülermonatskarten zu bezahlten. Nach DB-Tarif (innerhalb des Verbundraums nicht anwendbar) hätten die Fahrten, zwei der vier Kinder sind unter 12 Jahre alt, sogar mit Einzelfahrscheinen nur DM 225 gekostet. Jetzt werden die Kinder zum gemeinsamen Schulbeginn mit dem Auto zur Schule gefahren und zur Heimfahrt mit Punktekarten ausgestattet. Von Elternseite wird die Tarifstruktur der Ortenau zurecht bemängelt. Die ohne Ausweichmöglichkeiten an den ÖPNV gebundenen Schüler bezahlen für ihre Schülermonatskarten deutlich mehr, als Berufspendler mit dem "Job-Ticket". Im Schülerverkehr kostet die Verbundkarte für das ganze große Netz im KVV (Karlsruher Verkehrsverbund) DM 40 pro Monat, weniger als der Einstiegstarif in der Ortenau für wenige Kilometer. Durch eine erneute Tariferhöhung zum 1.1.1999 , verbunden mit dem Wegfall der Kinderermäßigung bei Verwendung der "Umweltpunktekarte" avancierte der Ortenaukreis mit seinem Tarifverbund TGO seit Januar dieses Jahres zum bundesweiten Negativbeispiel für eine familienfeindliche Tarifgestaltung. Im Vergleich mit den umliegenden Tarifbereichen bildete der Ortenaukreis schon bisher das Schlußlicht. Im KVV wird das Kind "tariflich" erst mit 16 Jahren erwachsen, im Breisgau-Hochschwarzwald (RVF) mit 15 und im grenzüberschreitenden Tarifverbund Lörrach-Nordwestschweiz (RVL/TNW - RegioCardPlus) werden die Heranwachsenden auch im Führerscheinalter bis 24 Jahre noch als Jugendliche zu ermäßigten Tarifen befördert. Im Ortenaukreis dagegen ist bereits für Kinder ab 4 Jahren bei der Benutzung der Umweltpunktekarte der Erwachsenentarif zu bezahlen!
*) Anmerkungen: Tarifverbund Ortenau GmbH, früher "TarifGemeinschaft Ortenau". Die Schienenstrecken in der Ortenau, dem größten Flächenkreis in Baden-Württemberg, werden von der DB (KBS 702, 719, 720, 721) und der OSB (Ortenau-S-Bahn, Tochter der Südwestverkehrs Aktiengesellschaft SWEG, KBS 702, 717, 718, 719, 720, 722) befahren.
KBS 719 Offenburg - Kehl - Strasbourg Die klangvollen Namen der Züge (Orientexpress, Mozart, Maurice Ravel und Marie Curie), ihre Laufwege und die Bespannung durch Zweisystemlokomotiven der Baureihe 181 dokumentieren den Stellenwert der kurzen Verbindungsbahn zwischen Strasbourg, Kehl und Appenweier. Nach jahrelangem Gerangel soll nun bis 2002 der Anschluß von Strasbourg an das französische TGV-Netz erfolgen. DB-Sprecher Malchow kündigte mit den Worten "Wenn der TGV kommt, sind wir schon da" den Ausbau der knapp 14 km langen Strecke von Kehl nach Appenweier zur Anbindung an das deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz an. Dabei geht es im wesentlichen um drei Maßnahmen: Bau einer neuen Verbindungskurve zur Rheintalstrecke, Beseitigung von 14 schienengleichen Bahnübergängen und Neubau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein, um das bisher eingleisige Nadelöhr zwischen Deutschland und Frankreich in Kehl zu beseitigen. Die geplante "Karlsruher Kurve" sorgt dabei für Aufregung in den Anliegergemeinden Appenweier und Urloffen. Die bisherige zweigleisige Verbindungskurve war für 60 km/h trassiert und wurde im Oktober 1997 rückgebaut, nachdem eine neue eingleisige Kurve für 100 km/h in Betrieb ging. Um die Kehler Strecke aber mit der Oberrheinstrecke im Hochgeschwindigkeisverkehr zu verknüpfen, muß der 90 Grad-Bogen sehr viel großzügiger trassiert werden. Der aktuelle Plan sieht eine Trassierung für 180 km/h vor, hat aber durchaus einschneidenden Charakter für die Gemeinde Urloffen. Die Grenzstadt Kehl hofft neben dem unmittelbaren Anschluß an TGV und ICE bis zum Jahre 2004 auch auf eine Anbindung an das neue Straßenbahnnetz von Strasbourg. Die futuristisch anmutenden Trams sollen rechtzeitig zur Landesgartenschau den Grenzübertritt geschafft haben und eventuell bis Offenburg verlängert werden. Allerdings ist das Interesse auf französischer Seite nicht besonders groß, da die Strecke im innerstädtischen Verkehr wenig attraktiv ist. Am Abend des 30.4.1998 zeigte sich, daß sich Papier in erheblichem Maße störend auf den Bahnbetrieb auswirken kann. In Kehl wurde ein teilentladener Güterwagen, der bereits als Leerwagen bezettelt war, in die Übergabe nach Offenburg (Rangierbahnhof) eingestellt. Von einer der drei darin befindlichen Papierrollen waren bereits die Befestigungskeile entfernt worden. Kurz vor dem Offenburger Bahnhof wird die KBS 702 von der neu eingerichteten Zufahrt (siehe Streckenmeldung KBS 702) unterquert. In der Unterführung hatte die Papierrolle die Seitenwand des Hbis durchstoßen und zur Entgleisung des Wagens geführt. Die Schadensbilanz: zehn entgleiste Wagen (Foto 32 kByte), mehrere davon mit Totalschaden, ca. 300m Oberbau zerstört, einige Fahrleitungsmaste und ein Signal "abgeräumt". Besonders unangenehm war auch der Zeitpunkt des Unfalls, da im Nordkopf des Offenburger Personenbahnhofs durch den Gleisumbau erhebliche betriebliche Einschränkungen vorlagen. Das nun für eine Woche gesperrte Zufahrtsgleis für den östlichen Bahnhofsteil machte die Führung von Reisezügen durch den Rangierbahnhof erforderlich.
KBS 720 Offenburg - Hausach - Singen (Schwarzwaldbahn) Die NVBW (Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg) verspricht
die Einführung des ITF (Integraler Taktfahrplan) nach den Vorgaben
des ÖPNV-Gesetzes BW vom 8.6.1995 bis zum Jahre 2001. Für den
Umsteigeknoten Offenburg wird man aber auch nach dem Fahrplanwechsel am
24. Mai noch weit von diesem Ziel entfernt bleiben. Mit der weitgehenden
Übernahme des SPNV zwischen Offenburg und Hausach durch die neuen
SWEG-Triebwagen vom Type Regio-Shuttle wird sich die Situation für
Umsteiger aus und in Richtung Baden-Baden und Freiburg sogar weiter verschlechtern.
Unter dem verheißungsvollen Namen "Ortenau-S-Bahn" werden im strengen
Stundentakt (war nicht bei der Auftragsvergabe im Dezember 1996 von Halbstundentakt
die Rede?) bisherige DB-Leistungen zum Planwechsel übernommen. Aus
Übergangszeiten vom Interregio auf den Nahverkehr von wenigen Minuten,
wie sie bis 1991 bestanden, werden jetzt regelmäßige Wartezeiten
von beinahe 45 Minuten. Vollkommen unverständlich sind auch die verpaßten
IC-Anschlüsse (IC an Minute 23, S-Bahn ab Minute 23). Für die
Schwarzwaldbahn schiebt die NVBW der DB den schwarzen Peter zu: Einerseits
werde die zugegebenermaßen wegen der vielen Tunnel und Brücken
im Unterhalt sehr kostspieligen Gebirgsstrecke - baulich vernachlässigt,
andererseits bleibe die Planung der Regionalexpresszüge, die abwechselnd
im Zwischentakt die Strecke Offenburg - Konstanz befahren, stark abhängig
vom Fernverkehrsplan der DB.
KBS 722 Biberach (Baden) - Oberharmersbach Die Ortsverwaltungen und Gemeinderäte, wie auch die Einwohner und Feriengäste im Harmersbachtal sind pünktlich zum Fahrplanwechsel aus tiefem Schlaf erwacht. Und so sind die Zeitungen voll von Schreckensmeldungen: Gab es bisher drei Zugpaare auf dem "Zeller Bähnle", so verkehren jetzt zehn zwischen den Endstationen Oberharmersbach-Riersbach und Biberach (Bd), davon neun mit sehr gutem Anschluß auf der KBS 720 zur Kreisstadt Offenburg. Gefahren wird mit Regio-Shuttles der OSB (Ortenau-S-Bahn GmbH), einem Tochterunternehmen der SWEG (Südwestdeutsche Verkehrs AG), deren kräftiges Hornsignal an den 15 ungesicherten schienengleichen Übergängen im Tal "Einwohner und Feriengäste um sechs Uhr aus dem Bett fallen läßt". Wie bereits in früheren Streckenmeldungen berichtet wurde, war den Anliegergemeinden und dem Landkreis seit über einem Jahr bekannt, daß die geplante höhere Zugfolge und Fahrgeschwindigkeit eine Modernisierung der BÜ-Sicherungsanlagen erforderlich macht. Sogar die Finanzierung war geklärt, nur getan hatte sich nichts. Und aus dem Verkehrsamt Zell am Harmersbach wird gewettert: "Viele Gäste haben nach dem Genuß des Hupkonzerts bereits ihren Urlaubsaufenhalt storniert. Eine leise, reibungslos funktionierende Bahn wäre ja etwas Gutes, aber so..." (Amtsleiterin Riegger).
Bis der neue Zug mit der planmäßigen Geschwindigkeit
von 80 km/h leise brummend neue Gäste in das beschauliche,
wirtschaftlich vom Fremdenverkehr abhängige Tal bringen wird,
ist noch viel zu tun. Die Toleranz einer Bevölkerung, die
jahrelang nur den Straßenverkehr kannte, da die wenigen
Triebwagenfahrten ausschließlich dem Schülerverkehr
dienten, ist trotz der enormen Angebotsverbesserung offensichtlich
sehr gering. Noch Anfang der Achtzigerjahre gab es Fremdenverkehr
mit Bahnanschluß: spektakulär waren die Turnusverkehrsfahrten
mit den ehemaligen TEE-Dieseltriebzügen VT 601 ins Harmersbachtal.
Damals schämte man sich auch noch nicht, die Feriengäste
zu Fuß am Bahnhof abzuholen und deren Gepäck mit dem
Leiterwagen zu transportieren.
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