SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

© 2013 Frank-D. Paßlick, Triberg
 

Streckenmeldungen 2013

KBS 721  Offenburg - Hausach - Freudenstadt Hbf
KBS 718  Offenburg - Appenweier - Bad Griesbach
und ausnahmsweise auch noch
KBS 726 Freiburg - Elzach
KBS 729 Freiburg - Breisach

 
siehe auch: Eisenbahn-Kreisverkehr:  Freudenstadt - Offenburg - Appenweier - Bad Griesbach
 

Stand: 12.2012


 
Perspektiven

Neue Ausschreibung der Verkehrsleistung am Horizont

Ein Blick zurück: Ortenau-S-Bahn im oberen Kinzigtal und Renchtal

1996: Es herrscht Aufbruchstimmung nach der Bahnreform zu Beginn des Jahres 1994. Ein Begriff, der auch zwei Jahrzehnte später noch nicht in der Allgemeinheit angekommen ist: Regionalisierung - die Länder übernehmen die Aufgabenträgerschaft für den SPNV. Baden-Württemberg ist vergleichsweise gut vorbereitet auf die neue Situation. Ein gestandener Eisenbahner, Horst Emmerich, übernimmt die Leitung der neu eingerichteten Nahverkehrsgesellschaft Baden- Württemberg, heute allen unter NVBW geläufig.

Hauptakteur im Nahverkehr auf den Gleisen der ehemaligen Deutschen Bundesbahn ist (und bleibt es noch lange Zeit) die DB Regio AG. Immer mehr ihrer Fahrzeuge erscheinen, nach einem Aufenthalt im Ausbesserungswerk, im neuen Farbkleid "nahverkehrsrot". Wichtig ist die Abgrenzung zum Fernverkehr im ICE-Farbschema.

Noch wichtiger aber ist die Fahrplanstruktur, auf die seitens der NVBW intensiv eingewirkt wird. Der ITF (Integraler Taktfahrplan) ist das wesentliche Schlüsselwort. Auf vielen Zweigstrecken (dummerweise in der Fachsprache als "Nebenbahnen" bezeichnet, obwohl sie durchaus nicht nebensächlich sind) werden maximale Fahrzeiten vorgegeben, die mehrfache Anschlüsse in den Knotenbahnhöfen ermöglichen. Das bisher verwendeten "Material", z. B. V100 mit y- oder n-Wagen (Umbauwagen oder sog. Silberlinge) ohne Steuerwagen, lässt einen rationellen Fahrzeugeinsatz und die Einhaltung vorgegebener Fahrzeiten nicht zu. Auf dem Markt erscheint ein spurtstarker "Schienenbus" der Firma ADtranz, in deren Firmenname die Autoindustrie mit einem recht bekannten D beteiligt ist. Das Fahrzeug heißt, mit neudeutschem Namen und in Mode gekommener Schreibweise, RegioShuttle 1 , abgekürzt RS1. Es entspricht den Anforderungen des Aufgabenträgers und wird, neben dem "Pendolino", zum Lieblingsobjekt der Ära Emmerich auf nicht elektrifizierten Strecken. Der einteilige RS1 ist mit zwei Maschinen à 257 kW üppig motorisiert und entsprechend spurtstark. Dem nicht sehr lang währenden Einfluss von Daimler sind einige Komponenten zu "verdanken", die für den Bus geeignet erscheinen, nicht aber für die starke Beanspruchung im Schienenverkehr. Die schweizerische Firma Stadler-Rail übernimmt ADtranz und fertigt fortan den RS1 am alten Standort in Berlin Pankow erfolgreich weiter.

Schienenfahrzeuge sind langlebige Investitionsgüter. Bisher, denn für den RegioShuttle wird eine Abschreibungszeit von 15 Jahren vorgegeben. Wie sich bei vielen Käufern des RS1 zeigt, müssen die Fahrzeuge tatsächlich nach etwa dieser Nutzungdauer in jeder Beziehung abgeschrieben werden. Bei den anstehenden Revisionen ergeben sich immer wieder sehr kostspielige Instandsetzungen an betriebswichtigen Komponenten (einschl. Rahmen, Boden usw.). Die Folgen sind für die Eigentümer recht unerfreulich. Lange Ausbesserungszeiten kosten viel Geld, auch für Leihfahrzeuge anderer Unternehmen, die noch dazu nicht in kompatibel zum eigenen Wagenpark sind und neue Fahrzeugumläufe und aufwändige Tankfahrten erforderlich machen (Beispiel Harmersbachtal).

In den Jahren um die Jahrhundertwende werden in den Räumen Ortenau und Breisgau zwei Tochterunternehmen der SWEG gebildet und mit RS1 ausgestattet. Die Ortenau-S-Bahn OSB übernimmt mit dem Sommerfahrplan 1998 den Betrieb im Renchtal (Offenburg - Bad Peterstal/Griesbach), den unterlagerten Nahverkehr im unteren Kinzigtal (Offenburg - Hausach) und zwischen Offenburg und Kehl. Bereits 1997 übernimmt die Breisgau-S-Bahn (BSB) von der DB den Schienenverkehr zwischen Freiburg (Brsg) Hbf und Breisach am Kaiserstuhl. Am 15.12.2002 erfolgt die Übernahme zwischen Freiburg (Brsg) und Elzach. Dort fahren bis zu sechs RS1 als Zug, was zunächst erhebliche Probleme mit sich bringt - sechs RS1 waren bzgl. der Vielfachsteuerung vom Hersteller nicht vorgesehen. Die Fahrzeugbeschaffung wurde vom Aufgabenträger gefördert und die Verkehrsleistungen freihändig vergeben.

Ab 15.06.2003 gelingt der OSB der regelmäßige Grenzübertritt nach Strasbourg. DB Regio hatte zuvor in mehreren Phasen und unter großem finanziellen Engagement zum Umbau eines Triebzugs 628/928 den Zugang zum SNCF-Netz erreichen wollen - ohne Erfolg.
Ortenau-S-Bahn OSB in Strasbourg, Foto: Frank Passlick Ortenau-S-Bahn mit zwei RS1 mit F-Zulassung im Stumpfgleis 25 des "Gare Centrale" von Strasbourg.

Am 12.12.2004 erweitert die OSB ihren Radius bis nach Freudenstadt. Damit kommen schlagartig (und wiederum in freihändiger Vergabe) zwei befahrene Landkreise hinzu: Lkrs. Rottweil (Schiltach) und Lkrs. Freudenstadt Der Erfolg kann sich sehen und im Fahrgastzuwachs messen lassen.

Laufweg der OSB von Freudenstadt nach Bad Griesbach

Während die RS1 der OSB im Renchtal und im oberen Kinzigtal auf nicht elekrifizierten Strecken der DB unterwegs sind, werden alle anderen Fahrten auf nicht-NE-Strecken unter Fahrdraht durchgeführt. Eine ähnliche Situation stellt sich für die BSB im Elzach-Verkehr dar, wo zwischen Freiburg und Denzlingen ebenfalls unter Fahrdraht gefahren wird. Hätte "man" Dieter Ludwig gewähren lassen, führen jetzt Karlruher Stadtbahnwagen zwischen Freudenstadt und Hausach, selbstverständlich auf elektrifizierter und überarbeiteter Strecke. Die für eine verbesserte Spitzverbindung zur Schwarzwaldbahn notwendige Zweispurinsel zwischen Alpirsbach und Schenkenzell wäre selbstverständlich auch gebaut worden. Aber das ist Spinnerei, im Gegensatz zur Situation im Breisgau. Dort ist es erklärter Wille aller Beteiligten, dass bis 2018 nicht nur im Elztal, sondern auch am Kaiserstuhl der Fahrdraht hängt und die kostspieligen Investitionen noch zu den alten GVFG-Bedingungen abgrechnet werden können. Ob das klappt sei dahingestellt. Maßgebliche Mitarbeiter des EBA zweifeln vernehmbar daran, dass die Flut von 2018 zu erwartenden Anträgen überhaupt vor dem 1.1.2019 alle bearbeitet werden können. Erschwerend kommt dazu, dass die DB Infrastruktursparte eben mal Ende 2012 eine neue Kalkulation für die Ausrüstung der Strecken im Elztal, am Kaiserstuhl und im hinteren Höllental aus dem Hut gezaubert hat. Bei letzterem Streckenabschnitt haben sich die Kosten um schlappe 47 Mio EUR verfünfzehnfacht!!! Freiburg - Breisach soll jetzt plötzlich statt 66 knapp 120 Mio EUR kosten. Ganz nebenbei wird dabei auch ein (frühester) Fertigstellungstermin 2021 genannt. Wer dann die 60% Bundesmittel aus dem auslaufenden GVFG aufbringen muss, steht in den Sternen. Es lässt sich aber sehr scharf diagnostizieren, dass der Bauherr DB seine Planungs- kompetenz sehr gut versteckt. Stuttgart 21 lässt grüßen.

Welche Auswirkungen aber die Elektrifizierung des hinteren Höllentals - egal wann - bezüglich kommender Ausschreibungen haben wird, ist erkennbar. Statt einer BSB, die gerade mal zwischen Freiburg und Breisach hin- und hergondelt, soll der Verkehr zwischen Villingen und Breisach mit durchgebundenen Zugleistungen bestellt werden. Seitens der SWEG scheint man durchaus Interesse an diesem Los zu haben, denn es wird nicht nur in den Köpfen bereits an elektrischen Triebwagen gewerkelt.

Auch auf die OSB kommt eine Ausschreibung zu, sehr wahrscheinlich früher als für die BSB. Einer Elektrifizierung der beiden oben genannten Streckenteile ist allerdings bis dahin nicht zu erwarten. Somit kommt jeder Bewerber an der Ausschreibung in der Situation, über spurtstarke Fahrzeuge verfügen zu müssen, die aber eigentlich Hybridantriebe brauchten, um unter Fahrdraht umweltverträglich zu fahren. Diese Fahrzeuge sind aber nicht in Sicht. Wird auch noch die Situation des Systemwechsels auf der Fahrt nach Strasbourg mit berücksichtigt, wird eine geignete Fahrzeugauswahl noch komplizierter - und teuerer.

 
 
 
nvog.de, OSB, Ortnaukreis Siehe auch Beitrag zum Jubiläum 10 Jahre OSB (2008)